Meine Lupus-Story

Alles begann am 8. März 2008. Ein Samstag. Ein trüber Tag. Ich spielte gerade mit meiner Mutter Tischtennis. Plötzlich fing es an im meinem Bauch zu stechen und dies alle paar Minuten. Meine Mutter sagte gleich, dass dies nur der Blinddarm (Wurmfortsatz) sein kann. Zwei Tage später bin ich zum Arzt gegangen. Dieser schrieb mich 7 Tage krank auf den Verdacht hin, einen Magen-Virus zu haben. Ich schluckte Antibiotika und noch drei andere Medikamente. Es wurde besser und das Stechen lies nach. Ich ging wieder eine Woche auf Arbeit.

Nach ein paar Tagen im Büro ging es mir wieder schlechter. Am 28. März 2008 bin ich nach der Arbeit nach Hause gefahren und da war es wieder - dieses Stechen - im rechten unteren Bauchbereich. Beim Abendbrot ging es mir total mies. In mir drehte sich alles. Mein Freund fuhr mich ins Krankenhaus. Nach einer Stunde Untersuchung sagten mir die Ärtze, dass es der Blinddarm sein könnte und fragten mich ob ich über Nacht bleiben möchte. Ich bejahte, hatte meine Tasche schon dabei. Ich blieb über Nacht. Allein in einem Zweibettzimmer. Allein - um Ruhe zu haben. Nun ja, eigentlich brauchte ich die nicht. Das Stechen war wieder weg.

Am nächsten Morgen (Samstag, 29. März 2008) kam der Stationsarzt ins Zimmer und ertastete meinen Bauch. Ich zuckte zusammen. Irgendwas war da schon. Aber was? Ich unterschrieb die Formulare zur Operation meines Appendix und drei Stunden später fuhr man mich in den OP. Es war so gegen 11 Uhr. Die Fahrt in den OP-Saal bekam ich noch mit. Ich war nicht nervös, nicht aufgeregt, nicht besorgt. Die Schwester hatte mir eine Stunde vorher eine Tablette gegeben. Die hatte es in sich. Ich war wie im "Tee", bekam aber alles noch mit. Die Ärzte schlossen mich an die Geräte an und ich bekam eine Spritze und eine Maske. Nach fünf Sekunden war ich weg... Gute Arbeit!

Aufgewacht bin ich gegen 14:30 Uhr. Meine Mama saß neben mir. Sie kam von der Frühschicht gleich ins Krankenhaus. Ich war etwas munter und erzählte ihr ein bisschen von meinen Erlebnissen. Ich hatte wahnsinnigen Durst. Nur weit und breit kein Wasser oder ähnliches. Dann musste ich mich übergeben. Die Schwester kam. Nach einer Narkose ist das normal, sagte sie. Das passiert vielen. Und das gute daran: Jetzt war ich wach!

Ich redete noch etwas mit meiner Mutter bis sie nach Hause fuhr. Dann endlich - ein kleiner Hoffnungsschimmer. Ich bekam eine Tasse Tee. Mein Durst sollte endlich gestillt sein. Ich nahm einen großen Schluck. Fünf Minuten später... *brrrooooh* musste ich mich wieder "entleeren". Naja, ich hätte dürfen nicht gleich so viel Tee auf einmal trinken. Man lernt nie aus! Das hat mir meine Uroma schon mal gesagt. Wie dumm von mir! 

Mein Freund kam, um mich zu sehen. Hab mich riesig gefreut. Ich war nur irgendwie noch total verpeilt. Und müde. Ich weiß nicht mehr genau, meine Uhr lag im Schrank und diesen konnte ich vom Bett aus nicht öffnen, es war vielleicht so gegen halb sieben. Ralf ging nach Hause und die Schwestern kamen. Sie wollten mich auf die Toilette bringen. Na dann. Auf in den Kampf. Erstmal sollte ich in meinen Schlafanzug schlüpfen. Mmmh - nichts leichter als das. Dieses "hübsche" OP-Hemd wollte ich schon lange los werden. Sie zogen mich in einem kräftigen Ruck hoch und ich saß. Und ich dachte noch so leis bei mir, ob dies meinem Kreislauf so bekommen wird. Mmmh! Der Schlafanzug saß und schwup di wup stand ich auch schon. Naja, irgendwie halt. Wenn zwei Prachtexemplare von Frauen meinen 60kg leichten Körper anheben, dann kann dies schließlich nicht lange dauern... 

Nach dem Toilettengang legten Sie mich wieder ins Bett. Toll, endlich Ruhe. Dachte ich. Die Tür ging zu.  Nach nicht mal einer Minute musste ich mich das dritte Mal übergeben. Ätsch. Hab ich doch gleich gewusst, dass dies mein Kreislauf nicht so einfach mit sich machen lässt. Naja was solls. Noch einmal musste die Schwester den Boden schrubben. Wollte ja nicht ins Bett machen. Hätte ich müssen ja nochmal aufstehen. Ne danke!!!

Die Nacht verging ruhig bis Mitternacht. Da kam auch ein junges Mädchen mit Blinddarm-Verdacht ins Zimmer. Sie durfte am nächsten Tag aber wieder nach Haus. Wir haben uns noch etwas unterhalten bis sie ging. Der Sonntag verlief ruhig.  Am Montag musste ich dann versuchen aufzustehen. Alleine! Ohne Schwester! Naja nach so einer OP, musste ich das Laufen erst einmal wieder lernen. Und zu Essen gab es auch nur Puddingsuppe. Super! 

Mittwoch durfte ich dann nach Hause. Ich konnte aber noch nicht mal richtig laufen. Eine Woche später wurden die Fäden gezogen. Alles verheilte ganz gut. Ich war insgesamt fünf Wochen krank geschrieben. Konnte nicht einmal Auto fahren. Erstens störte mich der Sicherheitsgurt und zweitens konnte ich mich kaum bewegen, wenn ich auf die Pedale treten musste. Das schmerzte höllisch. Nun ja, diese Schmerzen sind nun passé. 

Nach weiteren sechs Wochen auf Arbeit bekam ich wieder Schmerzen. Aber diesmal überall. Fast wie Kopf- und Gliederschmerzen bei einer schweren Erkältung. Aber es war diesmal schlimmer. Viel schlimmer. Ich hatte Fieber und Schüttelfrost. Und Schmerzen. Ich schleppte mich weiterhin mehrere Tage auf die Arbeit, bis es irgendwann nicht mehr ging. Mein Arzt nahm eine Blutprobe und meldete mich krank. Nach zwei Tagen verwies er mich sofort ins Krankenhaus. Dies war auch noch ein Freitag. Freitag der 13.! 

Diesen Freitag werde ich niemals vergessen. Der Tag begann relativ ruhig. Das Fenster war gekippt. Die Vögel zwitschten. Ich wollte aufstehen und es ging nicht. Wie - ich kann nicht aufstehen? Nein, ich kann nicht. Ich kann´s einfach nicht. Ich stützte mich am Bettrand auf und konnte mich einfach nicht hochstemmen. Ich konnte es nicht.

Wenn ich diese Zeilen lese, wird mir bewusst wie schlimm es damals um mich stand. Und ich begreife erst heute welche Ausmaße diese Krankheit erreichen kann.

Meine Mutter hatte Spätschicht. Sie kam zu mir und versuchte auch erst vergeblich mich hochzuheben, zu stützen, zu ziehen. Nichts gelang. Bis ich all meine Kraft zusammen nahm und mich irgendwie hoch drückte. Ich schrie! Bis ich dann endlich stand. Keine Ahnung wie ich das geschafft hatte. Ich stand. Und es war mir völlig egal. Hauptsache nicht mehr hinlegen. Mir ging es total schlecht. Ich konnte weder essen noch trinken, noch hatte ich zu sonst irgendwas Lust und Kraft. Nicht einmal meine geliebten Makkaronie. Kein Appetit. Gleichgültigkeit und Hass gegen meinen eigenen Körper.          

Der Arzt kam und verwies mich ins Krankenhaus. Die Tasche hatte ich schon gepackt. Mein Vater fuhr mich hin. Die Untersuchungen dauerten eine Ewigkeit. Erst auf einer Trage liegend und später im Rollstuhl. Ich wurde ins Zimmer gebracht. Meine Mutter durfte zeitiger von Arbeit weg und kam abends noch ins Krankenhaus. Wir wussten ja alle nicht was los ist. - Mit mir - Abends konnte ich dann nicht einmal mehr meine Arme und Hände bewegen. Sie waren fast steif und hingen leblos an meinem Körper. Ich hatte einfach nicht die Kraft sie zu bewegen. Und wenn ich mich bewegte, schmerzte es höllisch. Ich kann diese Gefühle gar nicht in Worte fassen. Ich musste gefüttert werden.

Etliche Untersuchung musste ich dieser Woche über mich ergehen lassen: Bauchultraschall, tägliche Blutentnahmen, Urinabgabe, MRT,  Den Rollstuhl durfte ich nach drei Tagen wieder abgeben. Durch starke Medikamente konnte ich meine Arme und Beine wieder bewegen. Ein tolles Gefühl. Ich bekam eine Physiotherapeutin, die täglich mit mir Treppen stieg.

Ebenso wurden die Unterlagen der Blinddarm-OP noch einmal begutachtet. Die Auswertung meines Appendix ergab, dass dieser gar nicht entzündet war. Er brauchte eigentlich gar nicht entfernt werden. Nun ist es zu spät. Zum Glück brauche ich ihn sowieso nicht. Aber die OP war umsonst.

Wenn ich dies hier lese, kann ich es gar nicht begreifen.

Dann sollte ich zum Neurologen. Er sagte aber, dass meine Probleme und Schmerzen nichts neurologisches sind. In die Psychatrie ging es am letzten Tag der Woche -  zum EEG. Die Ärztin saugte 20 Schläuche an meinem Kopf fest. Über eine halbe Stunde hat die Untersuchung gedauert. Kennt Ihr die Dinger, die man Schrubber nennt, mit denen man den Dreck weg wischt. Nach dieser Untersuchung sah ich aus wie einer. Und was hat das ganze gebracht - nix. Alles in Ordnung! Diese Antwort bekam ich jeden Tag. Nach jeder Untersuchung. 

Nach acht Tagen Krankenhaus - endlich nach Hause. Gut. Ich fühlte mich besser. Zumindest die ersten zwei Tage nach Entlassung. Es war ja schließlich auch Wochenende. Dann montags schon wieder Schüttelfrost und Fieber 39,47 °C. Mit Wadenwickel habe ich das in zwei Stunden wieder in den Normalbereich geschafft. Dies wiederholte sich täglich. Mein Hausarzt nahm mir wieder Blut und tatata! Er stand gleich noch am gleichen Tag vor meiner Tür. Die Antwort: Krankenhaus!

Toll! Super! Wieder dort rein. Klasse! Als ob auf meiner Stirn geschrieben steht: Bitte lasst mich rein! Die Luftsprünge hab ich mir dann verkniffen. Langsam ist das nicht mehr zum lachen.

 Im Krankenhaus lies ich weitere Untersuchungen über mich ergehen. Herzultraschall, Blutabnahmen, Urinabgabe, Bauchultraschall, Blutkulturenzucht, gynäkologische Untersuchungen, Knochendichtemessung. Infusionen habe ich dann auch bekommen. Kochsalzlösungen. Weil mein Körper zu wenig Wasser hat. Ich trinke ja auch nicht viel. Selbst schuld, sage ich heut dazu.

Auch spritzten sie mir ein radioaktives Mittel, dieses verteilt sich im Körper und setzt sich an den entzündeten Stellen an. Nichts - wieder nichts - und nochmal nichts. Es ist alles in Ordnung. Toll. Ist ja schön. Und was fehlt mir nun!!! Nach der zweiten Blutkulturenzucht dann die erste Erleichterung. Pilze! Pilze ? Hä Pilze? Ich esse doch gar keine! Wie kommen die denn dann in den Körper. Nun ja, die Frage stellten sich auch die Ärzte. Naja. Pilze halt. Ich bekam nun Kapseln. Riesen-Kapseln. FLU 200 stand da drauf. ICH HAB DIE FLU! Habe davon zwei in den Joghurt getan. Bääääh. Die nächsten Tage wieder jeweils eine. Nochmal bääääh. Und zusätzlich noch eine Fiebertablette.

Ich muss auch hier einmal erwähnen, dass ich, seitdem ich ins Krankenhaus eingeliefert wurde, jeden Tag Fieber hatte und das immer über 39°C. Dies ist nun mittlerweile der 13. Tag wo ich durchgehend jetzt im Krankenhaus liege. Aber seit 17 Tagen habe ich Fieber - täglich.

Dann ein weiteres Ergebnis: Das Pilz-Mittel bewährte sich als Flopp. Der Grund: Es waren gar keine Pilze im Körper. Es sind nur Antikörper. Und die hat auch jeder normale Mensch mal in seinem Leben. So - und jetzt. Klasse. Nun wissen wir auch nicht mehr als vor zwei Wochen. Aber wir wissen zumindest, dass das Fieber nicht von den Pilzen kam und die Schmerzen auch nicht. Warum: Weil es keine Pilze gab!!!!!!!!! Aber die Medikamente hab ich trotzdem in mich reingestopft. Brav!

Weitere Untersuchungen standen an: MRT vom Bauch. Super wieder in die Röhre. Naja hab´s überstanden. Es gibt schließlich schlimmeres.

Am 19. Tag sagte mir ein Arzt zur Visite, ich sei "ein medizinisches Rätsel". Das ist kein Witz. Ich werde diesen Satz mein Leben lang nicht vergessen.

Das MRT ergab, dass alles in Ordnung ist. Toll. Ich hab trotzdem täglich noch Fieber und letzte Nacht auch über 40°C. Das ist nun langsam nicht mehr lustig. Ich bin doch nicht zum Spaß hier. Ich hab geheult. Irgendwann ist man mal an dem Punkt, wo nix mehr geht. Und soweit war ich jetzt.

Nächster Tag. Neue Untersuchungen. HIV-Test, Bauchultraschall (Nr. 3), Gynäkologe, MRT vom Kopf. Ergebnisse: negativ. Nichts auffälliges zu sehen! 

Kurz vor Mittag dann in die Endoskopie zur Knochenmarkpunktion. Also Knochenmarkentnahme. Au klasse! Was man nicht alles mit sich machen lässt. Also los... hab ein Beruhigungsmittel bekommen und da war ich wie im Tee. Das war toll! Naja 16:16 Uhr bin ich wieder richtig munter gewesen. Mir tat noch mehr weh, als zuvor. Super. Ich konnte weder liegen, sitzen, stehen, laufen noch sonst irgendwas. Achja und das Fieber war auch immer noch da. Neugierig war ich ja schon, was in der ganzen Zeit so mit mir passiert ist. Also Nachforschung betreiben. Kommando los. Rechter Arm nach hinten zum Hintern und langsam wandern, aha - hier gehts los.  Marsch in Richtung Mitte, zur Wirbelsäule. Oooooh, ein riesiger Verband, eine Kompresse, vielleicht 5 cm dick. So, so, so. Und wenn ich mit der Hand weiter nach oben wandere hört dieses Teil so auf der Hälfte vom Rücken auf. Ein Riesenapparat!

Und damit die Untersuchungen nicht aufhören, gleich weiter zum CT vom Thorax (Computertomografie vom Brustkorb). Von dem Kontrastmittel wird es einem ja auch übel. Durfte ja auch zuvor nix essen. Dies ging aber nur 10 Minuten. Aber bis ich von der Liege wieder runter war, das hat nochmal so lange gedauert. Die rechte Arschbacke tat ja auch noch weh wie Sau. Nach dem CT sofort zur Magenspiegelung. Supi! Wieder Schlauch schlucken. Juhu! Jetzt musste sich mein Körper erstmal von den ganzen Tests regenerieren.

Tag 25 (Durchgehend im Krankenhaus): Zum TEE. Das hat aber weniger was mit dem Genussmittel Tee zu tun, sondern ist eine Untersuchung des Herzens über die Speiseröhre. Bedeutet: Schlauch schlucken. Es wurde zweimal probiert, dann hat mir der Arzt eine Spritze gegeben und ich war wirklich im Tee!  Filmriss. Teufelszeug. Ist aber - wiedermal - alles in Ordnung.

Tag 26: Die Flexyle musste gewechselt werden. Toll. Aua!!! Das Antibiotika lief am Arm entlang und nicht rein. Prima Pflaster nass. Bettzeug nass. Wechsel!

Tag 27: Heute war der erste Tag ohne Fiebermittel. Und was bekomme ich wieder - Fieber. Also diese Mittelchen helfen auch nicht richtig. Und immer noch weiß keiner was mir fehlt.

Ab sofort bekomme ich nachmittags zusätzliche Kost: dies ist ein Joghurt-Drink zur Unterstützung bei krankheitsbedingter Mangelernährung. Schmeckt aber ganz gut.

Tag 28: Hier folgt eine Hiobsbotschaft der anderen. Blut abgenommen. Entzündungswerte gehen zurück. HIV-Test negativ. Malaria-Test noch nicht bekannt. Der Rücken tut immer noch weh. Bekomme was zum schmieren. Fieber geht nicht runter. Morgen gehts ins nächste Krankenhaus. In die Infektionsabteilung. Dort könnte man wohl mehr feststellen. (???)

Tag 29: Fahrt ins zweite Krankenhaus. Im Rollstuhl werde ich ins Krankenauto gebracht. Im Krankenhaus angekommen. Voila! Einzelzimmer. Wusste gleich was das bedeutet. Quarantäne! Da niemand genau weiß, welche Krankheit sich in meinem Körper ausbreitet. Naja, so schlimm war es gar nicht. Nur manchmal etwas langweilig. So ganz alleine. Ich hatte viel Zeit um nachzudenken. Über mich. Über Krankheiten. Über alles. Das beruhigt auf der einen Seite und tut auch ganz schön weh auf der Anderen.

Langsam kommt der Appetit wieder. Hier gibt es leckere Sachen. Die haben eine eigene Küche und lassen nicht anliefern. Das ist schon von Vorteil. Leberkäse, Kartoffeln, Möhren und eine Kiwi. Das klingt schon vom hören gar nicht schlecht und macht echt Hunger und Appetit. Also los und auf´s Essen stürzen. Das wieder etwas zu mir wird. Mittlerweile habe ich 13kg abgenommen. Da merkt man mal was das Fieber so im Körper anrichten kann. Ab jetzt geht es aufwärts. Hab ich mir zumindest gesagt. Mit dem Essen klappt es schon mal.

Die nächsten Tage vergingen immer mit Blutnehmen und Warten. Warten ist ja nun mal die Lieblingsbeschäftigung hier im KH. Der Malaria-Test ist da, negativ. Okay, also auch diese Tropenkrankheit hab ich schon mal nicht. Hätte ja auch sein können. Die vielen verschiedenen Länder, die ich als Reiseleiter gesehen hab, gehen ja auch nicht spurlos an einem vorbei. Okay, also wieder warten. Warten auf neue Ergebnisse.

Nach über fünf Wochen durchgehenden Aufenthalt im Krankenhaus, verliert man irgendwann mal die Geduld. Es zerreist einen. Man will weg. Kann aber nicht. Aus diesem Grund habe ich dann mein nächstes Gedicht geschrieben. Weder melancholisch noch in irgendeiner Weise nachdenklich, wie die meisten meiner Gedichte sind. Nein, einfach ein Gedicht, welches mich auch einmal schmunzeln lässt, in dieser trostlosen Zeit:

 

Das Krankenhausverhältnis

Ich frühstücke mit dem leeren Nachbarstuhl,

flirte mit dem Duschstöpsel,

verbringe den Tag mit Sudoko,

spiele verstecken mit der Zimmerwespe,

amüsiere mich beim "auf die Visite warten",

treibe Sport, durch ausgedehnte Waldspaziergänge - vom Fenster aus,

schlafe mit dem Fieberthermometer,

bevor ich ein Verhältnis mit dem Galgen beginne.

So sehr sehne ich mich nach Dir - lieber Entlassungsschein!

 

  

Also wieder warten bis die nächsten Berichte da sind. Pfeifrisches Drüsenfieber hab ich nicht. Tuberkulose hab ich auch nicht. Wurde alles getestet. Und wieder sechs Röhrchen Blut für nix. Nun wieder Schmerzen in den Händen, in den Knien und Knöcheln. Hört sich irgendwie rheumatisch an!?! Ich will sofort zu einem Rheumatologe. Es dauert noch mal eine Woche. Dann endlich...

7. August 2008: Der Rheumatologe schaut sich alle Gliedmaßen an. Nach meiner Beschreibung der ganzen Krankheitsphase kommt er zum Entschluss. Es könnte Lupus sein. Der Arzt erklärte mir kurz die Zusammenhänge dieser Krankheit. Da Lupus aber noch nicht einmal richtig genau erforscht ist, kann auch noch niemand genau erläutern, wo diese Krankheit her kommt. Es gibt keine Ursache dafür. Na super! Alles nur das nicht! Nichts desto trotz wurde mir schon jetzt bewusst, dass ich von nun an mit dieser Krankheit leben muss.

Dieser Tag wurde dann zum Tag meiner Diagnose erklärt. Um sicher zu gehen erforderte dies aber einen Umzug ins nächste Krankenhaus.

Ich wurde ein paar Tage später ins nächste Krankenhaus transportiert. Eines mit einer eigenen Rheumatologie-Abteilung. Hier erfolgten dann noch einmal verschiedene Untersuchungen wie TEE (nochmal, Herzuntersuchung durch die Speiseröhre), Blutabnahmen, Blutkulturenzüchtung und allgemeine Überprüfungen vom Kreislauf.

An dieser Stelle möchte ich wieder erwähnen, dass ich immer noch, seit dem ersten Tag meiner Einlieferung ins Krankenhaus, Fieber habe. Eine Erklärung gibt es dafür nun - Lupus Erythematodes. Abgestellt wurde es aber nur durch Medikamente oder Wadenwickel.

19. August 2008: (Tag 54 meines Krankenhausaufenthaltes) Heute beginnt meine Medikamententherapie. Methylprednisolon, Azathioprin (Immunsuppresiva), Calzium-Tabletten. Abends kam ein Pfleger zum Fieber messen. Tatsächlich. Kein Fieber. 37°C. WOW. Es hilft. Ich war perplex. Ich hab mich so gefreut. Hätte am liebsten alle umarmen können.

Endlich hat man wirklich die richtige Ursache gefunden und somit auch bekämpfen können.

26. August 2008 (Tag 61): Die Freiheit! Endlich! Sofort nach Hause. Mein Bett. Meine Wohnung. Meine Familie. Meine Freunde. Mit dem einem Unterschied, dass mein Leben nicht mehr das selbe ist - wie zuvor.

Nach dem langen Krankenhausaufenthalt stand eine Rehabilitation an. Ende September bis Mitte Oktober ging es in die Fontana-Klinik, nach Bad Liebenwerda. Ich kann diese Klinik nur allen Patienten weiter empfehlen. Ich fühlte mich wohl und aufgehoben. Die Verpflegung und Unterbringung war spitze. Die Behandlungen waren gut auf meinen Körper und meine Krankheit genau abgestimmt. Chronisch kranke Patienten dürfen alle 2 Jahre auf Kur. Ich werde dies nicht versäumen und meinem Körper in jedem Fall eine Auszeit gönnen. Man tut sich sonst nicht Gutes. Aber ab und zu sollte man wirklich auf die innere Stimme hören. Ein guter Ausgleich für Körper und Seele.

Seit dem Tag der ersten Einnahme meiner Medikamente bin ich fieberfrei und habe nur noch gelegentlich Schmerzen in den Knien und anderen Gelenken. Ich bin sehr froh, dass ich die Medikamente gut vertrage. An die Situation, täglich Tabletten zu nehmen, habe ich mich jetzt schon ganz gut gewöhnt.

Es ist trotzdem sehr schwierig mit einer Krankheit zu leben, die man ein Leben lang mit sich trägt. Man muss verstehen, begreifen und verarbeiten damit zu leben. Ein Leben lang.

Ein Leben lang Medikamente nehmen. Ein Leben lang eine Creme mit hohem Lichtschutzfaktor tragen. Seine Lebens- und Essgewohnheiten umzustellen. Ein Leben lang, niemehr ungeschützt in die Sonne zu dürfen. Ein Leben lang auf Ärzte angewiesen zu sein. Blut- und Urinproben abzugeben. Ein Leben lang zu hoffen, nicht frühzeitig zu sterben. Lupus erythematodes - ein Leben lang.

Meine Lebens-Lupus-Geschichte geht weiter - ich gebe nicht auf!

Ich wünsche allen, die auch SLE oder eine andere chronische Krankheit haben, auf ihren Weg alles erdenklich Gute.

Glaubt an Euch! Gebt niemals auf. Kämpft dafür Euer Leben trotz Krankheit so angenehm wie möglich zu gestalten.

Denkt immer daran, denn nur Ihr selbst habt die Wahl!

         

 

 

 

 

 

   

 

 

 

 

 

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